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Zahnarztpraxis Loimer

Jahr 2024

Kategorie Wirtschaft

Ort Maria Saal

Fotos Kurt Kuball

Beschreibung

GENIUS LOCI

Der mächtige Pfeilerstadel mit Ziegelfenstern ist das Relikt einer ehemaligen Hofstelle und befindet sich im Zentrum der Marktgemeinde Maria Saal mit Sichtbeziehung zum ortsprägenden Mariendom. Erbaut um ca. 1900 zählt dieser Stadel zum Typus landwirtschaftlicher Gebäude mit Ziegelgittern, die eine volksbaukundliche Besonderheit des Alpen Adria Raumes darstellen.

„Ziegelgitter“ sind Mauerwerksteile, welche zumeist übereinander und nebeneinander kleine Öffnungen aufweisen, die durch die besondere Art der Anordnung der Ziegelelemente entstehen. 

Die Ziegelgitter aus mit Mörtel versetzten Mauerziegeln übernahmen praktische und gestalterische Funktionen. Sie sorgten für natürliche Durchlüftung des eingelagerten Gutes, dienten als Regenschutz, sorgten für ausreichend diffuse Belichtung im Inneren, bildeten räumlichen Abschluss und schützten vor Einbruch.

Neben diesen technischen Funktionen dienten viele Ziegelgitter aber auch durch ihre Gestaltung und Motivwahl als Schutz gegen unerwünschte magische Kräfte. 

 

BESTAND

Die statische Struktur im EG besteht aus tragenden Wandelementen, über welche Gurte und Gewölbe die Decke bilden. Das Obergeschoss ist ein wand- und säulenfreier Raum. Auf den gemauerten Pfeilern, die von den Ziegelfenstern unterbrochen werden, entwickelt sich ein mächtiger mit ca. 45 ° Dachneigung als Krüppelwalmdach nach oben. 

alte Postkartenansicht Maria Saal mit dem Skreinigstadel im Vordergrund

Abb. 1
alte Postkartenansicht von Maria Saal mit dem umgebauten Stadel im Vordergrund

GRUNDIDEE

Bauaufgabe war es, im bestehenden Stadel eine Zahnarztpraxis unterzubringen. Respektvoller und sensibler Umgang mit dem Bestand und das Sichtbar- und Erlebbarmachen des Wesens des Gebäudes waren entwurfsleitend.

Abb. 2
Längs- und Querschnitt

Um einen straßenseitigen und barrierefreien Zugang zu erhalten, wurde ein Gewölbefeld entfernt und in diesem ein Treppenhaus und ein Lift aus Sichtbeton implementiert. Im Obergeschoß wurde in Holzbauweise ein von der Außenfassade abgesetzter Innenraum errichtet und in diesem die Räume der Zahnarztpraxis untergebracht.

 Der Innenraum wurde konsequent in den Bereichen der Stadelfenster verglast. Eine zusätzliche Oberkopfverglasung wurde im Bereich des Treppenhauses und des Warteraumes eingeführt. Stadelfenster und Dachkonstruktion werden sicht- und erlebbar.

FUNKTIONEN

Im Erdgeschoß sind der Zugangsbereich, Technik- und Lagerräumlichkeiten situiert. Die Ordination bestehend aus Rezeption, Wartebereich, Ordinationsräumlichkeiten, Aufenthaltsbereichen für die Mitarbeiter und Sanitärräumlichkeiten wurde auf einer Ebene im Obergeschoß organisiert. Im Bedarfsfall können Lift und Treppe nach oben verlängert und räumliche Erweiterungen im Dachgeschoß geschaffen werden.

Zahnarzt Dr. Loimer Maria Saal, Treppenhaus, Dachunteransicht

Abb. 3
Ansicht Treppenhaus mit Oberkopfverglasung, bei dem Bestandsdachstuhl wurden vereinzelt transparente Ziegel eingesetzt um natürliches Tageslicht in den Raum zu bringen

Abb. 4

Grundriss EG, OG

MATERIALITÄT UND FARBKONZEPT

Das Farbkonzept unterstützt das architektonische Konzept, materialreduzierte, fließende und ruhige Räume zu generieren. Die gewählten Farben orientieren sich an der Außenfarbe des Bestandes. Kein klares hartes Weiß, sondern ein cremiger Farbton, der Boden, Wände und Decken belegt und so einen durchgängigen aus dem Bestand geschälten homogenen Innenraum erzeugt. Die reduzierte Farbgestaltung beruhigt den Raum und verstärkt die Spannung zwischen dem neuen Inneren und dem bestehenden Äußeren. Der reduzierte Innenraum stärkt die Elemente des Pfeilerstadels, die im Inneren sichtbar werden: die roten Ziegel der Stadelfenster, die Holzkonstruktion der hochaufragenden Dachkonstruktion, den Raum zwischen Alt und Neu. 

Die Holzfenster aus hell geölter Fichte korrespondieren gut mit der ebenfalls hell geölten Eiche, die für die Hauptmöbelelemente wie Empfangspult und Raumteiler verwendet wurde. 

Mit den Sitzmöbeln wurden farbige Akzente geschaffen. Großes Augenmerk wurde auf die mögliche Mehrfachnutzung der Sitzmöbel gelegt. Im Warteraum können durch einfaches Verrücken der Möbel auch Besprechungen, Vorträge, Veranstaltungen, o.ä. abgehalten werden.

Die Atmosphäre des Raumes wirkt beruhigend. Die vielfältigen Blickbezüge zum Altbestand erwecken Neugier.

Abb. 6
OG vor und nach dem Umbau